Dass die Liberalisierung kommen soll und der Busbranche Gutes bringen kann, darin waren sich die Diskutanten in der abschließenden Podiumsdiskussion einig. Doch bei der anzustrebenden Art und Weise gingen die Meinungen weit auseinander: Während sich Wolfgang Steinbrück, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Omnibusunternehmer (bdo), nachdrücklich für eine beschränkte Freigabe aussprach, plädierten die Vertreter von VDA und ADAC für eine totale Liberalisierung. Eine Meinung die auch Unternehmensberater Heinrich Strößenreuther und BWL-Professor Dr. Alexander Eisenkopf teilten. Sie forderten zudem den bdo auf, sich stärker für die Liberalisierung einzusetzen, um diese Chance für die Omnibusunternehmen nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. RDA-Geschäftsführer Dieter Gauf begrüßte aus touristischer Sicht den Buslinienfernverkehr, da er neue Möglichkeiten für touristische Angebote in seinem Umfeld biete.
Der angeregten Diskussion waren drei Vorträge voran gegangen. Zunächst hatte Prof. Dr. Alexander Eisenkopf, Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine BWL und Mobility Management an der Zeppelin Universität Friedrichshafen, die möglichen Auswirkungen einer Freigabe auf den Busmarkt aufgezeigt. Er hält ein Oligopol für am wahrscheinlichsten, in dem wenige große Anbieter das Hauptnetz betreiben und für die kleineren Anbieter entweder die Rolle der Subunternehmen oder die Nischen bleiben. Auch wenn er die totale Freigabe befürworten würde, schlug der Wirtschaftsfachmann einen schrittweisen Übergang vor, um den Unternehmen eine Investitionssicherheit zu geben, falls sich die Bundesregierung nicht für eine totale Freigabe entscheiden könne.
Unternehmensberater Heinrich Strößenreuther hat durch sein früheres Unternehmen hejo Deutsche Bus GmbH selbst in den Fernbusmarkt reingeschnuppert. Außerdem arbeitete er neun Jahre lang bei der DB AG unter anderem in der Konzernstrategie. In seinem Vortrag gab er einen Einblick in die derzeitige Wettbewerbssituation und die künftigen Auswirkungen. Wiederholt forderte er die mittelständischen und kleinen Unternehmen auf, jetzt aktiv zu werden, um einen Teil des Fernbus-Kuchens abzubekommen. Seiner Einschätzung nach hat die DB AG das Konzept für die Zeit nach der Liberalisierung bereits in der Schublade liegen. Durch das große Netz und die bereits bestehenden Fernbuslinien seien die Marktchancen der DB weit überproportional. Er hält es jedoch für wahrscheinlich, dass mindestens noch ein großer Fernbusanbieter aus dem Ausland auf den deutschen Markt kommt.
Den Preis als eines der wichtigsten Argumente für den Fernbus hat der ADAC in einer aktuellen Studie unter die Lupe genommen, wie Robert Sauter vorstellte. Bei langfristigerer Reiseplanung ist der Bus demnach in der Hälfte der betrachteten Fälle günstiger, bei einer kurzfristigen Reiseplanung in allen Fällen. Er sprach sich ebenso wie die anderen Referenten klar gegen eine Busmaut im Falle der Fernbusfreigabe aus.
Auf den Punkt brachte es Dr. Kay Lindemann bei der Podiumsdiskussion: Es sollte bei den Überlegungen zur Liberalisierung des Buslinienfernverkehrs nicht darum gehen, wer davon wie viel profitiert, sondern wie die beste Mobilität für alle geschaffen werden könne. Und zu einem wirtschaftlichen und umweltverträglichen Verkehr könne der Omnibus einiges beitragen.
(akp)