Laut einer aktuellen Studie haben rund 26 Prozent der Deutschen an ihrem Wohnort einen „sehr schlechten“ Zugang zum ÖPNV. Die Zahlen hat das Münchner Unternehmen Plan4Better im Auftrag von Greenpeace ermittelt. Die Studie basiert auf der Auswertung aktueller Fahrplandaten und ermittelt für die rund 11.000 deutschen Gemeinden sowie Landkreise und Bundesländer, wie gut Menschen den öffentlichen Personennahverkehr erreichen können.
Die Ergebnisse unterstreichen laut Greenpeace ein deutliches Stadt-Land-Gefälle: Während rund 78 Prozent der Menschen in kreisfreien Großstädten von gutem oder sehr gutem ÖPNV (sogenannte „Güteklassen A-B“) profitieren, sind es in dünn besiedelten ländlichen Kreisen lediglich 11 Prozent. Die Hälfte der Menschen (52 Prozent) sind dort vom ÖPNV abgehängt (Güteklassen E-F; keine Güte).
Auch zwischen Flächenländern und zwischen vergleichbaren Landkreisen zeigen sich deutliche Unterschiede beim ÖPNV-Angebot. Während in Nordrhein-Westfalen der ÖPNV nur bei rund 18 Prozent der Bevölkerung sehr schlecht ist, liegt der Anteil der Abgehängten in Niedersachsen mit 42 Prozent gut doppelt so hoch. Im ländlich geprägten Landkreis Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) sind lediglich 15 Prozent der Bevölkerung sehr schlecht an den ÖPNV angeschlossen. Im niedersächsischen Leer sind es hingegen 87 Prozent.
Deutschland hinkt eigenen Zielen hinterher
Es sei „ein verkehrspolitisches Alarmsignal, dass im Jahr 2025 noch immer bei einem Viertel der Menschen kaum ein Bus, geschweige denn eine Bahn fährt“, sagte Lena Donat, Mobilitätsexpertin bei Greenpeace, zu den Ergebnissen. Die ÖPNV-Entwicklung hänge weit hinter dem Bund-Länder-Ziel zurück, die Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln, verglichen mit 2019. Grund dafür sieht Greenpeace in fehlenden Gelder, aber auch in den politischen Rahmenbedingungen.
„Deutschland braucht einen einheitlichen Mindeststandard für akzeptablen ÖPNV. Nur mit verlässlichen Verbindungen – alle zehn Minuten in der Stadt, alle 30 Minuten auf dem Land, von früh bis spät – werden Menschen nicht länger von einem eigenen Auto abhängig sein“, sagte Lena Donat abschließend.
Günstige Ticketpreise und Ausbau des Angebots
Um bei den Koalitionsverhandlungen Druck auszuüben, hatte Greenpeace am 23. März rund „3600 Wünsche für einen verbesserten öffentlichen Nahverkehr“ an die SPD und Union übergeben, die derzeit über Infrastruktur und Verkehr verhandeln. Die gesammelten Vorschläge brachten sie in einem etwa ein Meter langen roten Elektrobus mit der Aufschrift „Mehr Bus und Bahn“ an den Tagungsort. In rund 40 Städten hatten Greenpeace-Vertreter am vergangenen Wochenende Passanten nach Verbesserungswünschen für den ÖPNV gefragt. Eine Mehrheit wünscht sich demnach „günstigere Ticketpreise und einen Ausbau des Angebots“. Gefordert wird auch mehr „Sicherheit, Hygiene und Komfort sowie Barrierefreiheit“, erklärte Greenpeace.
„In der entscheidenden Phase der Koalitionsverhandlungen müssen Union und SPD die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen im Land ernst nehmen. Bürgerinnen und Bürger fordern ein besseres Angebot von Bus und Bahn zu fairen Preisen. Ein zuverlässiger und bezahlbarer Nahverkehr spart den Menschen Geld, ermöglicht Fahrten ohne eigenes Auto und trägt zum Klimaschutz bei“, so Lena Donat von Greenpeace.
Die Studie finden Sie hier.