Einige leichte Schwächen attestierten wir dem FHD2-129/410 am Ende unserer Testfahrt vor einem Jahr. Die waren nicht weiter tragisch, denn das Gesamtprodukt war stimmig, zumal der Preis für den 12,8 Meter langen Zweiachser mit 250.000 Euro schon fast als Schnäppchen zu bezeichnen ist. Natürlich, den perfekten Bus gibt es nicht, das erwartet auch niemand. Was man aber schon erwarten kann, ist ein kontinuierlicher Fortschritt. Denn in diesen technisch hochinteressanten Zeiten jagt eine Innovation die nächste. Entsprechend gespannt waren wir, was sich bei VDL getan hat. Hat der Hersteller auf einige der damaligen Kritikpunkte reagiert? Doch der Reihe nach und was den Testbus betrifft, muss der Unternehmer schon mal auf zwei davon verzichten, denn der dreiachsige Futura kam mit einer behindertengerechten Ausstattung vorgefahren.
Solche Ein- und UmbauteN sind seit jeher eine große Stärke des Herstellers, über entsprechende Sonderfahrzeuge haben wir in der Vergangenheit bereits mehrfach berichtet. Allerdings scheint sich bei der aktuellen Generation eine Veränderung ergeben zu haben. Und die hat mit dem Schwebelift zu tun. Zu den gewichtigsten Änderungen des neuen VDL Futura im Vergleich zu seinen Vorgängern gehört die Gewichtsreduktion. So besteht beispielsweise das Dach aus Aluminium-Sandwichmodulen. Diese verleihen dem Aufbau eine enorme Festigkeit bei gleichzeitig sehr leichter Bauweise. Inwieweit sich nun aber noch Deckenschienen montieren lassen, die entsprechend belastbar sein müssen, steht auf einem anderen Blatt.
Beim verbauten Außenlift setzt VDL auf den Hersteller Dhollandia. Dieser Lift lässt sich mit einer halben Tonne beladen und ist somit auch für die gewichtskritischen Elektro-Rollstühle bestens geeignet. Im Test funktionierte das System narrensicher, auch ungelernte Busfahrer werden mit ihm keine Probleme bekommen. Die tauchen in der Regel ohnehin nicht bei der technischen Bedienung, sondern in der komplexen Gesamtlogistik auf, wenn man mit einem behindertengerecht ausgestatten Bus unterwegs ist. (Stichwort Parkplätze, Ein- und Aussteigen in Innenstädten, Mehraufwand und so weiter). Der Lift mit der Bezeichnung DH-RB 500 wiegt selbst 180 Kilogramm. So richtig komplett wird das Ganze natürlich nur, wenn auch der Fahrgastraum entsprechend umgerüstet ist. In unserem Testbus war dafür ein Heck-WC verbaut. Das verfügt über einen ebenen Boden und fordert die vier Sitzplätze der letzten und vorletzten Reihe. Dennoch passen 57 Fahrgastsitze der mittleren Comfort-Stufe in das Fahrzeug. Dazu kommt noch ein Begleitsitz. Ehrlicherweise aber muss erwähnt werden, dass, wenn der Lift zum Einsatz kommen soll, auch die entsprechende(n) Sitzreihe(n) auf der rechten Seite ausgebaut werden müssen. Dank eines Schnellverschluss-Systems ist das aber eine einfache Arbeit. Mehr Aufwand hat der Fahrer dann nur noch beim Wegtragen der Sitzbänke. Das Verzurren der Rollstühle ist übrigens dank eines ausgeklügelten Gurtsystems, welches normalerweise nur in speziellen Krankentransport-Fahrzeugen zum Einsatz kommt, ein Kinderspiel. Ein versehentliches „Lockerrütteln" kann nicht vorkommen.
VDL Futura Dreiachser


Satter Motor, schwacher Retarder
Ganz klar, bei einem solchen speziellen Einsatzzweck kann der Dreiachser seine Stärken voll entfalten. Doch auch, wer diesen Bus ganz herkömmlich und voll bestuhlt nutzen will, ist auf der wirtschaftlichen Seite. Dazu muss man sich nur einmal das Gewichtsprotokoll anschauen. Der Testwagen wog leer 16.220 Kilogramm. Da bleiben dann noch beachtliche 5.780 Kilogramm als Zuladung übrig. Das sollte reichen, um die 24-Tonnen-Schallmauer nicht zu durchbrechen. Auf 22 Tonnen war der Bus für unsere Testrunde ausgeladen, damit konnten wir gut arbeiten und ermittelten schließlich einen respektablen Gesamtverbrauch von 30,2 Litern/100 km. Den an dieser Stelle möglicherweise unterlegenen Mitbewerbern sei aber auch gesagt, der Test fand unter extrem günstigen Bedingungen statt. Kaum Wind, kein Frost, keine Wärme, die ein Einschalten der Klimaanlage nötig gemacht hätte, keine Stop-and-go-Etappen und Winterreifen waren auch nicht aufgezogen. Also Traumbedingungen, um auf der 600 Kilometer langen Testrunde gut abzuschneiden. Bei allen günstigen Bedingungen darf aber eines nicht übersehen werden: Die DAF-Motoren waren und sind technologisch auf der Höhe der Zeit. Das betrifft ihre Zuverlässigkeit und ihren geringen Verbrauch. Zum Test schickte VDL ein Euro-5-Fahrzeug. Auf Euro 6 müssen wir noch mindestens ein Jahr warten, doch schon jetzt sind wir gespannt, wie VDL mit den recht schwierigen Randbedingungen, die Einhaltung dieser Schadstoffnorm betreffend, zurechtkommen wird. Im Augenblick jedenfalls scheint DAF mit seinen MX-Motoren das Optimum an Leistung in Verbindung mit einem günstigen Verbrauch herausgekitzelt zu haben. Der Leistungsverlauf des 460 PS leistenden Aggregats jedenfalls stellte sich als ausgezeichnet dar. Souverän zog der Bus mit seinen 22 Tonnen seine Bahnen und machte auch bei 18-prozentigen Steigungen nicht schlapp. Lediglich bei Tempo 100 empfanden wir die Drehzahl einen Tick zu hoch, hier gilt es natürlich, das Optimum bei der Achsübersetzung in Bezug auf vorwiegenden Einsatzzweck zu wählen. Für ein reines Langstreckenfahrzeug jedenfalls ist da noch Luft nach unten. Was uns auf- und nicht so gut gefiel, war die Geräuschentwicklung im Innenraum. 67,1 dBA vorn, 68,4 dBA im Bereich der Mitteltür und 67,2 dBA (alles bei Tempo 100) sind unserer Meinung nach eindeutig zu viel. Zum Vergleich, der Mercedes-Benz Travego Euro 6 war in der Mitte satte 5 dBA leiser. Und der Bus hatte nagelneue Winterreifen aufgezogen. Was einen beim Motor mit seinen großen Leistungsreserven erfreut, stimmt bei der Retarderleistung traurig. Hier vermissten wir eindeutig ein kräftiges Zupacken, wie wir es beispielsweis von Voiths neuem Wasser-Retarder gewöhnt sind. Schnelle Bergabfahrten, die ein Voith-gebremster Bus problemlos im Alleingang bewältigte, meisterte der VDL Futura nur unter Zuhilfenahme der Fußbremse. Zugegeben, wir testen Extrembedingungen, doch erst in solchen Situationen lassen sich die Unterschiede – die manchmal fein sein können – erfahren.