Hübsch ist er geworden, der neue Stadtbus von Volvo. Ein wenig erinnert er an seine Reise-Brüder, was aber auch kein Wunder ist, schließlich wurde die Front bewusst im Familiendesign gehalten. Im Vergleich zum Vorgänger, dessen Gesicht mittlerweile ein wenig altbacken wirkt, passt sich der neue, angedeutete Kühlergrill, an dessen Flanken die Punktscheinwerfer sitzen, perfekt in die Gesamtoptik ein. Harmonisch, mit einem Schuss sachlicher Nüchternheit, schließen sich die Seitenflächen des 7700 an, in die die Scheiben glattflächig eingeklebt wurden. Im Innenraum wurde nur ein wenig Kosmetik betrieben, doch das geht in Ordnung, die Verarbeitung und die verwendeten Materialien stimmen. So erstreckt sich der Niederflurbereich über die gesamte Fahrzeuglänge, der Fußboden besteht aus laminiertem Sperrholz. Laminat wurde auch für die Seitenverkleidung verwendet, dieses dann in einer Stärke von zwei mm. Die auffälligsten Änderungen betreffen im Fahrzeuginneren das Cockpit. Dieses wurde komplett neu gestaltet. So dominieren zwar immer noch zahlreiche Zeiger, die neben Geschwindigkeit und Drehzahl auch Tankinhalt, Turboladedruck und Luftkesseldruck anzeigen, erheblich aufgewertet wurde nun das Zentraldisplay, über welches sich eine Vielzahl von Systeminformationen abrufen lassen. Auch am Tag ist das Display gut ablesbar, zudem wird der Fahrer nicht von einer allzu großen Informationsflut überlastet. Interessant ist die Anordnung der Bedienelemente links und rechts vom Lenkrad. Die beiden Bedienfelder wurden satellitengleich um den Fahrer herum angeordnet. Dieses Konzept ist zwar auf den ersten Blick recht ungewöhnlich, offenbart aber auf den zweiten ergonomische Vorteile wie gute Erreichbarkeit sämtlicher Schalter und Taster. Die Sicht nach außen lässt kaum Wünsche offen. Großflächige Spiegel liefern ein gutes Rundumbild. Durchdacht ist auch die Anordnung des linken Außenspiegels, der mit etwas Abstand zum Fahrzeugkörper angebracht wurde und dadurch auch in nach unten abfallenden Linkskurven die Sicht nach vorn nicht völlig versperrt. Wer komplett auf Nummer sicher gehen möchte, kann bei Bedarf auch eine Rückfahrkamera ordern, in einem Linienbus nicht gerade selbstverständlich.
Neben einem neuen Fahrerarbeitsplatz versteckt sich allerdings die größte Neuigkeit hinter der Heckklappe. Hier schlägt das kräftige Herz des Volvo 7700, der neue Motor D9B. Wie aus der Typenbezeichnung bereits hervorgeht, handelt es sich um einen Neun-Liter-Motor, der die Schadstoffnorm Euro 4 oder auf Wunsch Euro 5 erfüllt. Das Aggregat ist mit 260, 310 oder 360 PS verfügbar und kann durch ein hohes Drehmoment überzeugen. Wie bei modernen Motoren üblich, erstreckt sich dieses auch über ein angenehm breites Drehzahlband. Im Praxiseinsatz konnte die OMNIBUSREVUE den D9B bereits in der 260-PS-Variante als recht agilen Burschen erleben. Aus dem Stand heraus beschleunigte das Fahrzeug angenehm kraftvoll bis auf Tempo 50 und bei Bedarf auch weiter bis Tempo 80. Gut harmoniert das Voith-Getriebe mit dem Antrieb, lediglich bei ungleichmäßiger Leistungsabfor-derung zeugt gelegentliches Schaltruckeln von Schwierigkeiten bei der Feinabstimmung.
Selbstverständlich ist neben dem vierstufigen Voith D864.5-ANS auch ein Sechsstufen-Getriebe von ZF lieferbar.
Die Euro 4/5-Norm erreicht man bei Volvo mittels SCR-Verfahren. Dabei wird ein Gemisch aus Harnstoff und Wasser (AdBlue) in den Abgasstrom eingespritzt. Etwa 3 bis 4 Prozent des Dieselkraftstoffverbrauchs beträgt der AdBlue-Verbrauch bei Euro 4. In der Euro-5-Norm erhöht sich dieser Wert auf 5 bis 7 Prozent. Das Fassungsvermögen des AdBlue-Tanks beträgt 50 Liter.
Durchdacht ist beim 7700 die Anordnung des Kühlsystems. Die Kühler befinden sich nicht wie sonst meist üblich im hinteren rechten oder linken unteren Bereich, sondern auf dem Dach. Dadurch wird wirkungsvoll einer schnellen Verschmutzung des Kühlers entgegengewirkt. Sämtliche Aggregate des Antriebsstranges sind gut erreichbar, großzügige Klappen, die sich mittels Zugscharnieren öffnen lassen, erlauben tiefe Einblicke. Statt der Ringe, die an den Öffnungsseilen befestigt sind, würde man sich aber für den Praxiseinsatz eine etwas stabilere Lösung wünschen.
Gut gefallen hat das Fahrverhalten. Obwohl der 7700 nur eine Starrachse vorn besitzt, vermittelt sie ein sicheres und vor allem sehr stabiles Fahrgefühl. Dazu trägt sicherlich die vollelektronisch gesteuerte Radaufhängung bei. Auf höchstem Niveau befindet sich auch das Bremssystem. Hier hat Volvo nicht gespart und den 7700 mit dem elektronischen Bremssystem EBS 5 ausgestattet, welches auch die ABS/ASR- Funktionen überwacht. Für Erweiterungen hat man also bei diesem Stadtbus jede Menge Raum gelassen. Schon heute lassen sich die Optionen Belagstärkenerfassung, angepasste Bremskraftverteilung, Giermomenterfassung, Berganfahrhilfe oder Bremstemperaturwarnung ordern.
Mit dem 7700 ist Volvo auch beim Linienbus in einer neuen technologischen Ära angekommen. Der Bus überzeugt, das beginnt beim Design, setzt sich über einen funktionalen Innenraum fort und mündet in ein modernes Antriebskonzept mit gut zugänglichen Wartungsoptionen.